Nicht unerwähnt möchte ich hier den Mann lassen, dem ich die Grundlagen meiner Arbeit und so vieles mehr verdanke, den Maler und meinen Vater Karl Winter. Ich will hier nur einige wenige und mir wichtig erscheinende Punkte seines Lebens und Schaffens erwähnen.
Bereits in der Kindheit wurde er von der heimtückischen Kinderlähmung (Poliomyelitis) heimgesucht, die eine leichte, aber dauernde Gehbehinderung hinterliess. Nach seinem Studium der Malerei an der Kunstakademie wollte er eigentlich Zeichenlehrer werden. Dies wurde ihm aber von den Machthabern in der gerade entstandenen DDR untersagt. Als aufrechter und aktiver Christ galt er für den Staat als verdächtig und nicht zuverlässig, so daß ihm eine Laufbahn als Lehrer versagt blieb. So lebte er zunächst in dem Dörfchen Gräbendorf bei Königs Wusterhausen als freier Kunstmaler. Sein Vater war seit vielen Jahren ein sehr beliebter Pfarrer in dem Dorf. Da es damals in der DDR so üblich war, daß einem Wohnraum von den staatlichen Stellen zugewiesen wurde, kam er in den "Genuß", ein ganzes Haus in herrlicher Lage in der Gräbendorfer Heide ohne direkte Nachbarn bewohnen zu können und sich hier sein Atelier einzurichten. Allerdings hatte dies Haus einen "kleinen Haken" - es gab weder elektrischen Strom noch fließendes Wasser!! Allerdings störte dies meinen Vater wenig, genoß er doch vielmehr die einzigartige Lage und die vielen Motive der umgebenden Landschaft. Viele Wald- und Heidebilder sind hier entstanden.
Ich habe einige alte Fotografien aus dieser Zeit entdeckt. Sie zeigen das "Waldhaus", Karl Winter bei der Arbeit in freier Natur und mit Freunden. Eine seiner ganz wenigen Leidenschaften neben der Malerei war übrigens das Schachspiel.
Dies sind Fotografien aus den fünfziger - und Anfang sechziger Jahren. - 1957 heiratete er. Ich bewundere, aus heutiger Sicht, den Mut meiner Mutter, sich auf dies Leben ohne die Annehmlichkeiten eines modernen Lebens mit Strom und fließendem Wasser einzulassen. Bedeutete es doch, Wäsche waschen wie vor hundert Jahren von Hand im Bottich, keine elektrischen Geräte, kein elektrisches Licht (es gab nur Petroliumlampen und Kerzen) nur kaltes Wasser aus der Handpumpe. Aber es gab viele gute Freunde die oft zu Besuch kamen, es wurde diskutiert, gespielt und zusammen gefeiert. Es war ein Leben auf einer ganz anderen Ebene, fast völlig abgekoppelt vom alltäglichen Einerlei jener Zeit. Ich weiß heute, daß es auch ein sehr entbehrungsreiches Leben war, denn die Malerei brachte kaum genug zum Leben ein. Mittlerweile waren wir zu dritt, und wir hatten Hunger und wollten gekleidet sein. Aber für mich und später auch für meine beiden Brüder, war von Entbehrung nichts zu spüren. Es gab stets genug zu essen, wir mussten nicht frieren, wir vermissten keinen Fernseher. Wir lernten Bücher schätzen u. lieben und genossen die Freiheit des Lebens im Wald. (Der Ort Gräbendorf war 3 km entfernt.) Es ist dies auch der Kunst meines Vaters zu danken, den Focus stets auf das in fast jeder Situation auch vorhandene Gute zu lenken. So wuchs ich zwischen Farben, Staffelei, freier Natur und Leinwand auf und lernte, auch in einer, von mir so empfundenen, feindseligen( vielleicht richtiger "gegnerischen") politischen Umgebung geradlinig und aufrichtig zu bestehen. Denn dies lebte unser Vater uns vor. Nie hat er seine Überzeugungen verraten. Der Preis war eine lange Zeit versagt gebliebene Anerkennung seiner Arbeit in der DDR. Obwohl es viele Menschen seitens des "Staatsapparates" gab, die aufrechte Kommunisten im positiven Sinne waren, überzeugt von der an sich guten Idee des Sozialismus und mit denen mein Vater sich troz grundsätzlicher Meinungsverschiedenheit gut verstand. Jeder war von seiner Idee überzeugt, aber stets wurde der andere Mensch akzeptiert. Ein wirkliches Übel sind die jenigen Menschen, die sich selbst, ihre Gesinnung und ihr Handeln für Karriere und Geld verkaufen.
So lernte ich in dieser Zeit nicht nur spielerisch viel über die Malerei sondern auch über "das Leben"an sich. Wir wohnten in diesem wunderbaren Waldhaus bis 1971. Ich habe aus dieser Zeit einige Fotos von Arbeiten meines Vaters gefunden und versuche die hier wiederzugeben. Auch einige Skizzen und Studien möchte ich zeigen, erzählen sie doch viel von der Arbeit meines Vaters.
1971 war dann also das Ende unseres "Waldlebens" gekommen und wir zogen in das winzige Dörfchen Rutenberg bei Lychen in der Uckermark. Wie schwer meinem Vater, der über 50 Jahre in Gräbendorf gelebt hatte, der Umzug fiel, vermag ich nicht zu sagen, leicht war es keinesfalls. Aber für das Leben einer fünfköpfigen Familie reichten die Einkünfte aus dem Verkauf der Bilder nicht hinten und nicht vorne. Meine Mutter, von Beruf Katechetin, hatte ihre Arbeit zugunsten von uns drei Kindern unterbrochen und wollte hier nun wieder ins Arbeitsleben einsteigen. Sie hatte sich um eine freie Stelle bei der ev. Kirche beworben und bekommen. Für meinen Vater nicht ganz einfach hinzunehmen, nicht mehr der "Versorger" der Familie zu sein. Er hat das glaube ich nie ganz verwunden. Für uns war es ein kleiner "Kulturschock" auf einmal elektrisches Licht, Telefon, fließendes Wasser usw. zu haben. Außerdem mutete ein Leben "mitten in einem Ort" recht seltsam an. Aber für meinen Vater erwies sich der Umzug in künstlerischer Sicht als Gücksfall. Fand er doch in der wunderbaren Natur der Uckermark viele neue Motive. Schon bald konnte er auf einen ständig wachsenden Kundenstamm schauen. Hier kommen jetzt einige Skizzen und Bilder mit Uckermark - Motiven.
Wie gesagt, es sind teilweise recht unvollkommene Fotos, die ich hier versuche wiederzugeben. Ich bitte daher um Entschuldigung für die schlechte Qualität.
In den späten 80er und 90er Jahren hatte mein Vater dann auch endlich die Möglichkeit, seine Arbeiten in Ausstellungen zu zeigen. Leider hatte er dabei stets Schwierigkeiten, eine genügend Anzahl Werke zusammen zu bekommen, da seine Arbeiten meistens gleich verkauft wurden. So mußte hier oftmals auf Leihgaben zurückgegriffen werden.
Zum Schluß möchte ich noch einige ganz private Bilder, die im Kreis der Familie entstanden sind, zeigen.
Karl Winter starb 2007 im Alter von 87 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Rutenberg und wurde in seiner Heimat Gräbendorf beerdigt.
Vor kurzem ist zu meiner Freude eine "alte" Arbeit meines Vaters zu mir zurückgekehrt. Das Bild hat die beachtliche Größe von 90 x 120 cm und trägt das Datum 1983. Es zeigt eine märkische Heidelandschaft im Spätsommer. Es ist einer dieser "blauen Tage" im Spätsommer mit bühender Heide und einem hindurchführenden typischen Sandweg, wie man ihn im Brandenburgischen oft finden kann. Eine Landschaft, wie sie mein Vater so geliebt hat und die hier in dieser Arbeit festgehalten wurde.
Interessant ist, daß genau zu dem Zeitpunkt, als er dieses Bild malte, er Besuch von einer Zeitung hatte und bei seiner Arbeit daran auf dem Foto festgehalten wurde.
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